Edward Teller

Edward Teller

Der ungarisch-amerikanischer Atomphysiker Edward Teller (geb. Ede Teller, 15. 1. 1908 – 9. 10. 2003) ist am allermeisten als der Vater der Wasserstoffbombe bekannt, welche Bezeichnung er selbst allerdings ablehnte. Er war an vielerlei Bereichen der Physik tätig und mit seinem Namen sind mehrere wissenschaftliche Fortschritte verbunden, wie zum Beispiel der Jahn-Teller-Effekt oder der Renner-Teller-Effekt.

Teller wurde als Kind der Pianistin Ilona Deutsch und des Anwalts Max Teller in Budapest geboren. Da er bis zu seinem 3. Lebensjahr gar nicht sprach, befürchteten seine Familie und sein Arzt eine Entwicklungsstörung. Sein Großvater soll seiner Mutter gesagt haben, dass sie sich nicht allzusehr über die Behinderung ihres Sohnes kränken solle. Es stellte sich aber heraus, dass das unvollkommene Ungarisch und das fehlerfreie Deutsch seiner Mutter bzw. das schlechte Deutsch und das sichere Ungarisch seines Vaters den kleinen Jungen verwirrt hatten – er soll nämlich geglaubt haben, seine Eltern wüssten nicht, was sie sprächen. Trotz der jüdischen Erziehung wurde Teller später Agnostiker. Er interessierte sich vor allem für Ziffern: im Kopf führte er Operationen mit großen Zahlen durch, und berechnete zum Beispiel, aus wieviel Sekunden ein Jahr besteht.

Im Jahre 1926 verließ er Ungarn, zum Teil wegen der Horthy-Regierung und dem Numerus- Clausus-Gesetz. Er erwarb sein Diplom an der Universität Karlsruhe in Chemie und den Doktortitel in Physik in Leipzig. Da seine Jugend von Revolutionen und politischen Konflikten geprägt war, lehnte er sein ganzes Leben lang sowohl den Kommunismus als auch den Faschismus vehement ab.

Als Student hatte er in München bei einem Straßenbahnunfall ein Bein verloren, weshalb er eine Prothese tragen musste und sein ganzes Leben lang hinkte.

Seine Doktorarbeit ist eine der ersten genauen quantenmechanischen Beschreibungen über das molekulare Wasserstoff-Ion. 1930 lernte er die russischen Physiker George Gamow und Lev Landau kennen. Er schloss lebenslange Freundschaft mit dem tschechischen Physiker George Placzek, der eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung von Tellers wissenschaftlichen und philosophischen Ansichten spielte. Es war Placzek zu verdanken, dass der junge Teller in Rom einen Sommer neben Enrico Fermi verbringen konnte und seine wissenschaftliche Laufbahn in Richtung Kernphysik fortsetzte.

Außerdem verbrachte er zwei Jahre an der Universität in Göttingen, von wo er mithilfe des Jüdischen Fluchthilfe-Rats ausreisen konnte. Nach einem kurzen englischen Aufenthalt verbrachte er ein Jahr neben Niels Bohr in Kopenhagen. Im Februar 1934 heiratete er Maria „Mitzi” Harkányi. Gamows Ruf und Rat befolgend emigrierte er in die Vereinigten Staaten und unterrichtete Physik an der George-Washington-Universität. Vor der Entdeckung der Kernspaltung war er als theoretischer Physiker tätig und arbeitete mit Gamow zusammen.

Teller war eines der ersten Mitglieder des Manhattan-Projekts. Er unterstützte die Bombe auf Hiroshima, die auf Nagasaki hielt er aber für unnötig. 1945 wurde er Mitglied und 1947 Vorsitzender der Kommission für Reaktorsicherheit.

An der Universität entwickelte er 1937 den Jahn-Teller-Effekt, der unter gewissen Umständen die Moleküle deformiert und somit die chemischen Wechselwirkungen der Metalle beeinflusst. Teller und Herman Arthur Jahn analysierten das Phänomen bloß auf mathematisch-physischer Ebene. Mit Brunauer und P. H. Emmett zusammenarbeitend schuf Teller im Bereich der Oberflächenphysik und der Chemie ebenfalls eine Innovation: gemeinsam mit Emmett interpretierte er das Phänomen der mehrschichtigen Adsorption an nichtporösen festen Oberflächen. Seitdem werden diese Flächen Brunauer-Emmett-Teller-Flächen (BET-Flächen) genannt.

Da Teller sich auch am zweiten Weltkrieg beteiligen wollte, stellte er auf Rat des Theodor Kármán (ein ebenfalls emigrierter Landsmann) Forschungen mit Hans Bethe an, die sich später für Wissenschaftler in der Raketentechnik, als nützlich erwies.

Der Fall Oppenheimer

Teller wurde 1954 zur polarisierenden Persönlichkeit, indem er beim Verhör zur Sicherheitseinstufung des ehemaligen Leiters von Los Alamos und Ratgebers der Atomenergiekommission, J. Robert Oppenheimer, gegen ihm aussagte. Teller war die einzige wissenschaftliche Autorität, die behauptete, Oppenheimer bedeute Gefahr. Er behauptete außerdem, dass laut Oppenheimer das Hauptziel des thermonuklearen Programms die Rüstung sei. Wohl fügte er auch hinzu, dass Oppenheimer in Los Alamos großartige Ergebnisse erzielt habe und ein ausgezeichneter Leiter sei.

Infolge der Verhandlungen wurde Oppenheimers Zulassung zurückgezogen, weshalb Teller von seinen ehemaligen Kollegen angegriffen wurde. Teller leugnete jedoch beharrlich, dass er die Karriere seines Exkollegen hätte ruinieren wollen, und behauptete sogar, mit seiner Aussage habe er Oppenheimer in Wirklichkeit entlasten wollen. Die dokumentierten Beweise deuten aber eher auf die Unwahrscheinlichkeit dieser Aussage hin. Teller äußerte später, seine heftigen Reaktionen hätten vielmehr politische Gründe gehabt, weil Oppenheimer von Haakon Chevalier gebeten wurde, Russland zu helfen, und dies vom Physiker nicht gemeldet wurde.

Operation Plowshare und Project Chariot

Teller blieb auch weiterhin eine polarisierende Persönlichkeit, vor allem als er sich für die nichtmilitärische Anwendung der nuklearen Energie einsetzte, die von der USA unter den Namen operation plowshare angegangen wurde. Einer seiner meistbestrittenen Vorschläge war die Herausbildung eines Tiefwasserhafens bei Alaska durch Einsatz einer Wasserstoffbombe, um die Kohle- und Ölbeförderung zu steigern. Der Antrag wurde 1958 von der Atomenergiekommission genehmigt und war unter dem Namen Project Chariot auf dem Weg umgesetzt zu werden. Während die Kommission in Alaska das Terrain besichtigte und die Gegend absperrte, warb Teller für die wirtschaftlichen Vorteile seines Plans. Schließlich gelang es aber doch nicht, die lokalen politischen Leiter von der Rentabilität des project chariots zu überzeugen.

Der Atomreaktorunfall Three Mile Island

Im Jahre 1979 erlitt Teller einen Herzanfall, was er der berühmten Schauspielerin und Aktivistin Jane Fonda zuschrieb. Nach dem Atomreaktorunfall in Pennsylvania setzte sich die Fonda gegen die nukleare Energie ein, während sie ihren Film mit ähnlicher Thematik, Das China-Syndrom propagierte. Teller bestand weiterhin auf der Sicherheit der Atomenergie. Diese Auseinandersetzung, eine hektische, unruhige Periode im Leben des alternden Wissenschaftlers führte schließlich zu einem Herzinfarkt. Im Wall Street Journal wurde von Teller ein zweiseitiger Artikel veröffentlicht, mit dem Titel Ich war alleiniges Opfer des Three Mile Islands.

Tellers Nachlass

Teller förderte den Bau von Atomwaffen auch danach, als die meisten seiner Kollegen das Wettrüsten des zweiten Weltkriegs bereut hatten. Somit wurde er zum leichten Zielpunkt und zum Stereotypen des „verrückten Wissenschaftlers” – er soll sogar einen der Filme von Stanley Kubrick (Dr. Seltsam oder Gebrauchsanweisung für Anfänger in der sorgenfreien Liebe zu Atomwaffen) inspiriert haben. Im Jahre 1991 war Teller einer der ersten Ig-Nobel- Preisträgern (d.h. Anti-Nobelpreis), „für seinen lebenslangen Einsatz, die Bedeutung des Wortes »Frieden« zu verändern”.

Edward Teller starb am 9. September 2003 in Stanford, Kalifornien.