Synagogen
Jede Synagoge in Europa, Amerika und Afrika geht nach Osten – nach Jerusalem. Im Toraschrein sind die Torarollen aufbewahrt, von denen samstags in den Morgenstunden vorgelesen wird. Die Tora wird auf Pergament geschrieben und an zwei Holzstäben angebracht, und aufgerollt. In Budapest sind nahezu zwanzig Synagogen tätig, aus denen Europas größte und weltweit die zweitgrößte, die Dohány-Synagoge, hervorragt.
In Ungarn unterscheidet man zweierlei Synagogen, vor allem anhand der Bima, der Sprache des Gebets und der Sitzordnung:
In der orthodoxen Synagoge befindet sich die Bima, der Platz zum liturgischen Vorlesen der Tora, in der Mitte. Frauen und Männern ist es verboten, sich in einem und demselben Raum aufzuhalten. Der Rabbi hält seine Predigt auf Jiddisch. Priesterkleidung und Orgel sind nicht zugelassen.
Die Bima hat in der neologen Synagoge ihren Platz vorne, vor dem Toraschrein. Frauen und Männer beten auch hier voneinander getrennt, können sich aber, obzwar in verschiedenen Bankreihen, dennoch in demselben Raum, aufhalten. Nach dem Beispiel des deutsch-böhmischen Leopold Lőw, Emanzipationsrabbiner von Szeged, wird auf Ungarisch gepredigt; hauptsächlich deswegen, weil die jiddische Sprache heutzutage nur von sehr wenigen gesprochen und verstanden wird. Während des Gottesdienstes spielt die Orgel und der Rabbi trägt eine Priesterkleidung, um den Gottesdienst festlicher zu gestalten.
Das Synagogen-Dreieck in Budapest
Synagoge in der Dohány Str.
Adresse: Dohany Straße 2.
Die Synagoge in der Dohány-Straße (deutsch: Tabakstraße) ist Europas größte Synagoge und, nach dem New Yorker Temple Emanu-El, der zweitgrößte jüdischer Tempel auf der Welt. Sie wurde von Ludwig Förster, einem deutschem Architekten und Professor an der Wiener Akademie, im maurischen Stil entworfen. In seiner Abwesenheit nahm Bauleiter Ignaz Wechselmann sogar die Arbeit eines ungarischen Architekten in Anspruch: der innere Chor wurde von Friedrich Feszl, dem Architekten der Redoute, entworfen. Zur feierlichen Einweihung kam es am 6. September 1859. Innerlich hat die Synagoge 1200 Quadratmeter, wo nahezu dreitausend Personen – im Erdgeschoss 1497 Männer und an den Emporen 1472 Frauen – Platz haben. Das Langhaus ist 12 Meter breit, und der höchste Turm ist 44 Meter hoch. Die Synagoge wird vom neologen Judentum genutzt.
Infolge der Assimilation ungarischer Juden vermischen sich Charakterzüge der christlichen Kirchen mit der hebräischen Tradition, was der Verbreitung der Neologie, einer spezifisch ungarischen Strömung im Judentum, zu verdanken ist. Neben der Synagoge ist heute das Jüdische Museum untergebracht, und zwar in einem ehemaligen Mehrfamilienhaus, wo auch Theodor Herzl, Vater des Zionismus, geboren ist. Während des Jüdischen Sommerfestivals ist die Synagoge in der Dohány Str. als Zentralgebäude des Festivals tätig, wobei in ihr mehrere Konzerte organisiert werden. In der Synagoge ist es möglich, sich nicht nur Klezmermusik anzuhören; der Franz Liszt Kammerchor hat schon mehrmals gemeinsam mit der Budapest Klezmer Band Konzerte gegeben.
Synagoge in der Kazinczy Str.
Adresse: Kazinczy Straße 29.-31.
Die orthodoxe Großsynagoge in der Kazinczy Straße ist ein hervorragendes Denkmal der Architektur im Spätjugendstil. Sie wurde zwischen 1912 und 1913 gebaut und gilt damit als eine der typischsten Gebäude der ungarischen Synagogenarchitektur vor dem ersten Weltkrieg. Anhand der Entwürfe der Gebrüder Löffler wurde der erste Teil des Gebäudekomplexes, die Schule an der hinteren Grundstücksgrenze und das Gemeindehaus schon im Jahre 1911 angefertigt. Mit den Bauarbeiten wurde im Frühjahr 1912 begonnen, und schließlich erhielt die Synagoge die offizielle Benutzungsgenehmigung am 29. September 1913.
Die Synagoge in der Kazinczy Str. ist auch als Zentralgebäude der orthodoxen Gemeinde tätig, welches am ehesten als kleines Dorf im Herzen des Judenviertels erscheint. Koschere Läden, ein koscherer Metzger und das einzige rituelle Bad in Budapest – die Mikwe – sind in dieser Gegend zu sehen.
Synagoge in der Rumbach Str.
Adresse: Rumbach Sebestyen Straße 11.-13.
Der romantische Stil der Synagoge in der Rumbach Straße kann mit ihren maurischen Charakterzügen auch als eine Art Antwort auf die Synagoge in der Dohány Str. betrachtet werden. Das im Budapester „Synagogen-Dreieck” auch als „kleine Synagoge” bekannte Gebäude ist dennoch dem Schmuckstein der neologischen Richtung, der Dohány-Synagoge, ähnlich. Sie wurde zwischen 1869 und 1872 aus öffentlichen Spenden und aufgrund der Pläne von Otto Wagner, Leitfigur der Wiener Sezession, gebaut.
Um 1868/1869 wurden drei große jüdische Vereine gegründet: der Großteil gehörte der modernen-neologen Richtung an, während sich die Konservativen im orthodoxen bzw. der Rest im sog. Statusquo-Verein zusammenschlossen. Die neologe Großsynagoge wurde schon früher fertig; auch Franz Liszt spielte auf deren Orgel. In der Nähe, in der Rumbach Straße, wurde der Haupttempel der Statusquo-Richtung erst 1872 erbaut, als einziges authentisches und „ungarisches” Werk des Pioniers der Wiener Sezession, Otto Wagner. Schließlich wurde die orthodoxe Großsynagoge in der Kazinczy Straße, gemeinsam mit dem Gemeindehaus, als Werk der Gebrüder Löffler erst im Jahre 1913 errichtet.