Wichtigere Festtage

Der jüdische Kalender richtet sich nicht nur nach dem Sonnen-, sondern auch nach dem Mondkalender. Das jüdsiche Neujahr beginnt im Herbst.
Das größte wöchentliche Fest ist der Schabbat. Dies ist besonders wichtig, weil kein religiöser Jude an diesem Tag irgendwelche Arbeit durchführt oder irgendein Feuer anzündet; außerdem ist ihm von Freitag Abend bis Samstag Abend das Reisen und jederlei Kontakt mit elektronischen Geräten (Telefon, Fernseher, usw.) verboten. Die jüdische Gemeinschaft heißt bei uns Gemeinde, während die Mitglieder einander Glaubensbrüder nennen. Die allgemeine Grußformel lautet an Wochentagen schalom, Freitag abends und samstags schabbat schalom.

Pessach

Das Auszugsfest (der Israeliten aus Ägypten) gilt für das Judentum als die wichtigste Festwoche im Jahr. Wie es allgemein für die jüdische Religion charakteristisch ist, sind Elemente der Zeremonie streng vorgeschrieben. Auch die winzigste Geste kann symbolische Bedeutung haben. Das Fest wird von zwei wichtigen Motiven geprägt: von der Erinnerung an die Bitterkeit und vom Feiern der Freiheit und des Glücks. Als Vorbereitung muss man alles, was mit Sauerteig in Verbindung trat, aus der Wohnung entfernen. Das bedeutet symbolisch, dass das jüdische Volk an Gottes Gebot unbedingt glaubt und Ihm ohne Zögern gehorcht. Der Sederabend ist wichtiger Teil des Fests, dessen Abendmal am Vorabend des Fests abgehalten und am nächsten Tag wiederholt wird. Jede Geste und Speise erzählt und spielt die Geschichte des Auszugs von Ägypten nach. Auf dem Sederteller befinden sich bestimmte Speisen in bestimmter Anordnung: drei Stück ungesäuertes Brot (Matze) aufeinandergelegt, die für die drei Kasten des Judentums stehen; mit einem Hühnerhals daneben, der an das Lamm erinnert, welches nach der Bibelerzählung vor der zehnten Plage aufgeopfert wurde. Dem folgt ein gesottenes Ei als Erinnerung ans Opfer im Heiligtum; danach kommt das Bitterkraut (heute oft mit Meerrettich ersetzt), als Zeichen der Bitterkeit der Knechtschaft in Ägypten; nachher folgt das Charosset, eine Mischung aus Apfel, Nuss und Wein, das für den Lehm, der von den Israeliten während der Knechtschaft hergestellt werden musste, steht. Schließlich liegt auf dem Sederteller auch irgendein Gemüse, auf das Frühjahrsfest und die Bitterkeit hindeutend.
Neben die Platte wird je ein Glass Salzwasser gestellt, worin man im Laufe der Zeremonie einige Speisen tunkt, als Symbol für die Tränen, die während der Knechtschaft vergossen wurden. Für die Teilnehmer ist es wichtig, sich bequem zu machen und insgesamt vier Gläser Wein zu trinken – schließlich ist dies auch das Fest der Freude und des Glücks. Inzwischen stellen die Kinder Fragen, auf die gründlich eingegangen wird – dies ist auch ein wichtiger Teil des Abends.

Chanukka

Chanukka ist eines der längsten jüdischen Feste: es dauert acht Tage lang. Auch Lichterfest genannt, fällt Chanukka jedes Jahr auf ein anderes Datum und erinnert an ein Wunder. Dabei wird, als einziges unter den israelitischen Festen, eine militärische Begebenheit im Volksgedächtnis verewigt: Judas Makkabeus besiegte die Truppen des Antiochos, reinigte den Tempel in Jerusalem und erkämpfte, dass die Juden ihre Religion frei ausüben konnten. Vom ersten Tag des Chanukka-Fests an zünden jüdische Familien jeden Abend um je eine Kerze mehr an. Die Kerzen werden an solchen Orten der Wohnung gestellt, wo dieses Wunder Gottes verkündet werden kann. Inzwischen spielen die Kinder mit einem vierseitigen Kreisel, dem sog. Dreidel und singen Chanukka-Lieder. An diesem Fest werden sie sogar beschenkt – es kann vorkommen, dass sie jeden Tag des Festes irgeneine Kleinigkeit bekommen.
Der Dreidel (auf Hebräisch sewiwon, auf Jiddisch Trendl) ist ein spezialer Kreisel, auf dessen vier Seiten je ein Buchstabe zu lesen ist, die die weiteren Handlungen der Spieler bestimmen und je einen Satz bilden.

Jom Kippur

Jom Kippur, auch Schabbat Schabbaton genannt, ist Tag der Versöhnung. Sein Name deutet auf die Toraerzählung hin, wo Gott die Sünde der Anbetung des goldenen Kalbes vergab. Das Volk hatte diese Sünde begangen, als Mose die steinernen Gesetzestafeln von Gott übernommen hatte, die unter anderem das Verbot, Abgötter anzubeten, enthält. Nach der Tradition wird dabei dasjenige Urteil versiegelt, das vom Ewigen zum jüdischen Neujahr (Rosch ha-Schana) gefällt worden war. Die Zeit zwischen den beiden Festen nennt man deshalb auch Tage der Sühne. In dieser Zeit werden früh am Morgen Bußgebete gesprochen, um das eventuell negative Urteil in die positive Richtung zu kippen. Dies ist der einzige von der Halacha vorschriebene Fasttag. Nicht nur Essen und Trinken sind verboten, sondern auch das Duschen, der Gebrauch von Parfüms und bequemen Lederschuhen, ja sogar die Ehefreuden. Die Schabbatsvorschriften sind an diesem Tag wirksamer denn sonst. Am Vorabend des Fasttages findet ein Festmahl statt, wonach das Familienoberhaupt seine Kinder segnet.

Sukkot

Sukkot, auch Laubhüttenfest genannt, dauert sieben Tage lang und wird von fröhlichen Zeremonien, vielem Gesang und Tanz geprägt. Um sich an die Zeiten zu erinnern, wo die Ahnen vierzig Jahre lang in der Wüste umhergeirrt hatten, bezieht man zu Sukkot Laubhütten. Als wichtigstes Zubehör des Sukkot gilt der Feststrauß (hebräisch Lulav genannt), der aus viererlei Zweigen besteht: Palme, Myrte, Bachweide und Etrog; letztes wird vom Strauß getrennt in der linken Hand gehalten. Religiöse Juden drücken Gott mit dem Lulav ihre Freude aus. Der siebte Tag (Hoschana Rabba) ist Teil des Sukkot, könnte aber auch als selbständiges Fest aufgefasst werden. An diesem Tag kann man das an Jom Kippur von Gott gefällte Urteil einigermaßen beeinflussen.

Purim

Am Fest der Auslosungen erinnert man sich an die Befreiung der jüdischen Gemeinde unter persischer Herrschaft, die im Buch Ester zu lesen ist. Laut der Erzählung waren die Juden trotz der Intrigen vom Minister Haman durch Königin Ester und ihren Onkel Mordechai von der Ausrottung befreit worden. Danach hatten sich die Juden gerächt, wobei sie laut des Buches 80.000 Perser ermordet hatten. An Purim sind mehrerlei religiöse Verpflichtungen geknüpft. Erstens muss die Lesung des Buches Ester in der Synagoge morgens und abends angehört werden, wobei es zum einzigen Mal erlaubt ist, zu lärmen – es ist sogar Pflicht, beim Hören des Namens Haman Krach zu machen. Eine andere Vorschrift ist der sog. Mischloach Manot, also das Zusammenstellen von Geschenksendungen an Freunde oder arme Leute, damit auch sie nichts an diesem frohen Fest entbehren. Als Höhepunkt wird ein Festmahl gegeben, wo nach den Vorschriften der Rabbiner so viel getrunken werden muss, bis man den verdammten Haman vom gesegneten Mordechai nicht mehr unterscheiden kann. Als Symbol für die Vergänglichkeit des Glücks verkleidet man sich oft an diesem Fest. Es werden auch oft Wettspiele organisiert und süße Festspeisen verzehrt, wie zum Beispiel Hamantaschen oder süße Fladen.

Rosch ha-Schana

Laut der Tora heißt dieses Fest Tag des Alarms oder der Hornstöße, da es mit einem ursprünglichen Instrument, dem Schofarhorn, eng verknüpft ist. Der Schofar wird durch Blasen zum Erschallen gebracht und ist einem einfachen Widderhorn ähnlich, das laut des Talmud an denjenigen Widder erinnert, den Abraham statt Isaak aufgeopfert hatte. Schon der ganze Monat vor Rosch ha-Schana wird von der Umkehr geprägt. An jedem Morgen dieses Vorbereitungsmonats wird in der Synagoge der Schofar geblasen, um Sehnsucht nach der Umkehr in den Herzen zu erwecken und um an die „zehn furchtsamen Tage” zu ermahnen. Am Vorabend trägt man einen weißen Kitl aus Leinen und die Synagogen werden auch vom Weiß dominiert, unter anderem der Vorhang vor dem Toraschrein und die Bimadecke. In Familien mit einer abergläubischen Denkweise werden an Rosch ha-Schana solche Tätigkeiten getan, die man durchs ganze Jahr gern ausüben möchte. An einigen Orten schläft man zum Beispiel nicht, damit das ganze Jahr nicht durchschlafen wird. Man wünscht oft auch ein süßes neues Jahr, wobei dann an diesem Tag Äpfel und Kuchen mit Honig verzehrt werden.